Im Juni wurde der Haushaltsplan (kurz Haushalt) der Stadt Mühlheim durch die Kommunalaufsicht genehmigt. Der Haushalt enthält neben den erwarteten Einnahmen den planerischen Finanzbedarf zur Erfüllung der Aufgaben der Stadt.
Der folgende Beitrag gibt einen zusammenfassenden Überblick über die Haushaltssituation der Stadt Mühlheim 2024, beleuchtet den Unterschied zwischen „Pflichtausgaben“ und „freiwilligen Leistungen“ und zeigt auf, warum die Antwort auf die Frage „Wo können Einsparungen gemacht werden?“ vielschichtiger ist als vielleicht anfangs angenommen.
Schwierige Konjunkturlage – auch für Mühlheim
Bereits 2020 hatte der Hessische Rechnungshof benannt, dass Mühlheim strukturelle Probleme im Haushalt hat. Das - gepaart mit den derzeit angespannt konjunkturellen Aussichten, die über die Gewerbe- und Einkommenssteuer bis in die kommunalen Haushalte hineinwirken - schränkt die finanziellen Handlungsspielräume der Stadt Mühlheim ein.
Die Mühlheimer Stadtverwaltung muss, genauso wie Bürgerinnen und Bürger, mit vielen gestiegenen Ausgaben zurechtkommen: Die Inflation (diese beträgt laut Statistischem Bundesamt zwischen 2020 und 2023 17%), gestiegene Löhne (diese liegen laut Statistischem Bundesamt im 1. Quartal 2024 um 6,4% höher als im Vorjahr), höhere Verbraucherpreise sowie der Steigung der Energiekosten lassen tief in die Tasche greifen.
Die Grundsteuer musste 2024 in Mühlheim schweren Herzens für viele Bürgerinnen und Bürger auf zuletzt 800% erhöht werden auf. Der Grund dafür liegt nicht in der Füllung der Stadtkasse – diese nötige Erhöhung trägt der Steigerung von Personal- und Beschaffungskosten Rechnung. Sprich: Durch die Mehreinnahmen werden reale Kosten gedeckt, die ohne eigenes Zutun der Stadt Mühlheim gestiegen sind und durch die Erhöhung der Grundsteuer ausgeglichen werden.
Der Mühlheimer Haushalt - ein Balanceakt zwischen Pflichtausgaben und freiwilligen Leistungen
Es ist verständlich, dass der Ruf nach Einsparungen im städtischen Haushalt lauter wird, doch die folgenden Beispiele zeigen, warum jede Entscheidung gut abgewogen werden muss:
Die Pflichtausgaben (z.B. für Straßenunterhaltung, Feuerwehr, Kinderbetreuung sowie Kreis- und Schulumlage) können nicht beliebig gekürzt werden. Sie sind gesetzlich verankert und lassen nur begrenzt Spielraum für Einsparungen.
Bleiben noch die sog. Freiwilligen Leistungen. Für diese ist im Mühlheimer Haushalt 2024 ein Betrag in Höhe von 9.974.682 Mio. Euro veranschlagt. Eine Menge Geld – da kann man doch sicherlich den Rotstift ansetzen, oder?
Schaut man sich im Detail an, was unter die freiwilligen städtischen Leistungen fällt, findet man hier schnell Bereiche, bei denen vielen Bürgerinnen und Bürgern oft gar nicht bewusst ist, dass es sich nicht um Pflicht-, sondern freiwillige Leistungen handelt:
Darunter fällt z.B. die Schulkindbetreuung, deren Aufrechterhaltung und Bezuschussung elementar wichtig ist, um Familien zu unterstützen und Eltern die Möglichkeit zu geben, ihrer Berufstätigkeit nachzugehen, während die Grundschulkinder gut versorgt sind.
Gut 52% der Grundsteuereinnahmen werden aktuell alleinig für die Schulkind-Betreuung aufgewendet – eine Hausnummer, die die Bilanz der freiwilligen Leistungen stark prägt. Ab 2026 greift der Rechtsanspruch im Hinblick aufs Ganztagsschulkonzept schrittweise – ab diesem Zeitpunkt wird dieser Kostenpunkt zur Pflichtausgabe (siehe dazu im Text weiter unten).
Auch beliebte und gut genutzte städtische Angebote wie z.B. die Stadtbücherei oder die Unterstützung des Sports (u.a. Sportplätze und Sporthallen, die für vielfältigen Vereinssport genutzt werden) sind freiwillige Leistungen. Diese Angebote bilden wichtige Eckpfeiler in Bildung und Teilhabe und zahlen nachhaltig auf ein gemeinschaftliches Miteinander in unserer Mühlenstadt ein.
Eine städtische Finanzierung dieser freiwilligen Leistungen ist nicht selbstverständlich. Nach gesetzlicher Lage hätte die Stadt Mühlheim in diesen Bereichen das größte Einsparpotential. Aber: Eine komplette Streichung dieser Leistungen ist aus sozialpolitischen Gründen weder gewünscht noch beabsichtigt – auch wenn nicht jeder Wunsch in Zeiten einer angespannten Haushaltssituation erfüllt werden kann.
In dieser Hinsicht ist der städtische Haushalt mit der Führung eines Privathaushalts einer Familie vergleichbar: Man kann nur ausgeben, was man hat und im Zweifel gilt es Interessen abzuwägen und Kompromisse zu schließen.
Das oberste Ziel der Stadt Mühlheim ist und bleibt es, sorgsam mit öffentlichen Geldern umgehen und zum Wohle der Stadt und ihrer Bevölkerung zu entscheiden.
Entlastungen durch Koalitionsvertrag und langfristige Investitionen wirken sich perspektivisch positiv auf Haushaltslage aus
Es zeichnen sich einige Entwicklungen ab, die sich mittelfristig positiv auf die Mühlheimer Haushaltssituation auswirken werden und ihn voraussichtlich entlasten werden:
Auf Landesebene wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, dass das Land sich künftig stärker an den Betriebskosten für Kindertagesstätten beteiligen wird. Zudem rechnet die Stadt mit dauerhaften Entlastungen, weil sich politisch abzeichnet, dass die Schulkindbetreuung in den kommenden Jahren schrittweise durch das Land Hessen getragen werden wird.
Zudem steht die Mühlheimer Stadtverwaltung derzeit vor ihrem Umbruch hin zur modernen Bürgerkommune. Alle Rathäuser, egal ob groß oder klein, stehen vor dieser Herausforderung. Prozesse werden analysiert und digitalisiert – vieles soll für Bürgerinnen und Bürger einfacher werden. Dies bringt im ersten Schritt neuen Aufwand mit sich und kostet Geld. Aber: Ein Rathaus mit digitalen Dienstleistungen wird langfristig effizienter arbeiten können und somit Kosten einsparen.
Sie haben Fragen, Anregungen oder Ideen zum Haushalt? Wir sind gerne für Sie da! Schreiben Sie uns gerne an dezernatsbuero@stadt-muehlheim.de oder rufen Sie uns unter 06108-601 100 an.
Grafische Zusammenfassung zum Haushalt 2024
Die wichtigsten Aufwendungen und Erträge zum Haushalt 2024 sind folgend grafisch zusammengefasst:
beschlossen durch die Stadtverordnetenversammlung am 29.02.2024
genehmigt durch die Kommunalaufsicht am 06.06.2024
Haushaltssatzung und Produkthaushalt:
E-Mail an die Stadt Mühlheim sowie Leserbrief in der Offenbach Post vom 12. April 2024
Guten Morgen,
es ist immer wieder erstaunlich wie die Stadtverordneten zum Ergebnis kommen: "Wir müssen den Grundsteuerhebesatz erhöhen".
Waren es noch in 2015 = 450%, 2019 = 550%, 2020 = 650% und nun liebe Leser gebt fein acht, es sind nun sage und schreibe ab 01.01.2024 800% Messbetrag - das ist eine satte Einnahmequelle der Stadt Mühlheim, für was überhaupt?
Der Stadtteil Lämmerspiel wird immer größer, ständig wird gebaut, neue Häuser, neue Wohnungen, neue Mitbürger, alle müssen die Grundsteuer zahlen, die Stadt verdient hier mächtig daran, nur wo bleiben wir hier, was wird für die Einwohner getan?
Die Schuhmacherstraße zum Beispiel weist seit vielen Jahren erhebliche Schlaglöcher im Straßenbelag auf, von Jahr zu Jahr immer schlimmer! So sind leider auch andere Straßen und noch vieles andere mehr! Einiges liegt schief, Verkehrsbehinderungen durch Baustellen usw. Das Bau-Gelände, ehemaliges Landhotel Waitz, sieht zum Fürchten aus, ist es das was unsere Bürger wollten? Riesige Wohnblöcke entstehen (Grundsteuererträge!). Wie wird gewirtschaftet im Stadtverordnetenhaushalt, wo gehen die Gelder hin? Keine gute Haushaltsführung bestätigt dies, wenn es nicht ausreicht, dann ist der Grundsteuerhebesatz ein gutes Steuerungsmittel!
Mit freundlichen Grüßen
Bürger von Lämmerspiel
Anna-Maria und Arthur Reder
Antwortschreiben des Ersten Stadtrats Robert Ahrnt
Sehr geehrte Frau Reder,
sehr geehrter Herr Reder,
ich kann gut verstehen, wenn Sie sich über die Erhöhung der Grundsteuer ärgern. Trotzdem bin ich dankbar, dass die Stadtverordneten mehrheitlich dem Vorschlag des Magistrats gefolgt sind, die Grundsteuer in Mühlheim zu erhöhen.
Der einfachste Erklärung hierfür ist: Alles wurde teurer. Ich habe Ihnen eine Präsentation angehängt, welche ich im Haupt- und Finanzausschuss der Stadt gezeigt habe. Aus der können Sie entnehmen, welche Einnahmen und welche Ausgaben die Stadt hat. Dort finden Sie jedoch auch eine Präsentationsseite, auf der aufgezeigt wird, warum wir mit der Erhöhung der Grundsteuer lediglich das Grundsteuern-Niveau von 2020 wieder erreicht haben. Die Grundsteuer ist also in gleichem %-Maße gestiegen, in welchem die Personalkosten und die Einkaufskosten der Stadt durch die Inflation gestiegen sind. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass die Baukosten noch stärker gestiegen sind und ein Teil der Investitionen der Stadt im Bereich Kanalbau, Straßenreparatur, Kitaerweiterung etc. stattfindet. Die Stadt hat neben der Grundsteuer keine weitere wesentlichen Einnahmequellen, die gesteuert werden können. Da in Mühlheim in Zukunft keine großflächigen Gewerbegebietserweiterungen möglich sind, wird sich an der Situation auch wenig ändern. Da sich die Grundsteuer anders als die Gewerbesteuer oder die Anteile der Stadt an der Einkommenssteuer nicht von selbst erhöht, ist auch in der Zukunft mit regelmäßigen Grundsteuererhöhungen zu rechnen.
Man kann den Euro nur einmal ausgeben. Der Haushalt wurde mehrfach auf Einsparmöglichkeiten bei Personal und Sachkosten durchforstet. Und weil das jedes Jahr geschieht, gibt es beispielsweise einen Instandhaltungsrückstau auf den Straßen oder Lücken im Personal der Stadt. Ohne Grundsteuerhöhung hätte man weitere städtische Leistungen zurückfahren müssen, die den Stadtverordneten aber am Herzen liegen. Sowohl die Sport- und Vereinförderung als auch die Schulkindbetreuung sind beispielsweise freiwillige Leistungen und keine Pflichtaufgaben, die aber von großen Teilen der Bürgerschaft von der Stadt erwartet werden.
Ich bitte Sie daher um Verständnis – alle öffentlich erbrachten Leistungen müssen letztlich von den Bürgerinnen und Bürgern gezahlt werden. Seien Sie jedoch versichert, dass im Rathaus sehr darauf geachtet wird, dass mit der Geld sorgsam und sparsam umgegangen wird.
Freundliche Grüße
Robert Ahrnt