Sehr geehrte Betrachterinnen und Betrachter,
Eine Idee wird Wirklichkeit!
die Initiatoren „Lämmerspieler-Rundweg“ wünschen Ihnen viel Spaß und Erholung. Der Weg hält für Sie eine Menge an nützlichen und interessanten Informationen an der erhaltenswürdigen Vergangenheit und über die schöne Natur – hier und rund um den Gailenberg – bereit.
Die beiden Großinfotafeln (den Download finden Sie unter diesem Text), sowie die Wegebeschriftung, konnten mit der großzügigen Unterstützung der Stadtwerke Mühlheim für Sie entstehen. Hierfür sagen wir ganz herzlich Danke!
Einen besonderen Dank gilt auch der Stadt Mühlheim, sowie der Unteren Naturschutzbehörde des Kreis Offenbach und der Stadt Hanau für deren Unterstützung, besonders auch den teilnehmenden Vereinen und Gruppen für die Darstellung bzw. Information an den einzelnen Informationspunkten!
Die Initiatoren von der Geschichtsgruppe der Lämmerspieler Ortsvereine e.V. Horst Baier, Alfons Ott, Günter Schmitt und Bernd Schwerzel vom Obst und Gartenbauverein.
Die Karte des Lämmerspieler Rundweges zum Download
Bis in die 60er Jahre hinein gehörte die Freizeitgestaltung auch in die nähere Umgebung von Lämmerspiel. Dazu zählte vor allem die Gegend um den Gailenberg.
Ein Sonntagsausflug mit dem Vater oder nach dem Mittagessen mit der gesamten Familie führte über die Steinheimer Straße, den Weg zur Steinkautenbrücke hin zum Gailenberg. Wenn man etwas weiter laufen wollte, ging es sogar bis zum Galgen oder den Sieben Eichen, welche für Kinder immer beeindruckende Monumente darstellten. Auch die kleine Gartenwirtschaft, „Die Blechhütt“ am Steinheimer Steinbruch gehörte mit zu den begehrten Zielen von Kindern und Familie. Durchgeführt wurden diese Ausflüge natürlich auch mit dem Fahrrad.
Spielplatz für die Kinder war besonders die Steinkaute – sommers wie winters. Im Winter gingen die Kinder (aus der Owwergass, der Middegass und der Unnergass) verschiedene Wege zu diesem Platz zum Rodeln, denn das war die einzige, etwas längere Möglichkeit, mit dem Rodelschlitten abzufahren. Im Sommer wurden hier bis in die 90er Jahre hinein öfters Waldfeste gefeiert und die Pfadfinder, sowie die katholische Jugend zelteten in der unteren Kaute mit ihren Zelten. Die Quelle in der Steinkaute war ebenfalls ein Ziel zur Besichtigung und von dort wurde sogar in früheren Zeiten Trinkwasser für besondere Anlässe nach Hause geholt.
Der Gailenberg ist die höchste Erhebung (130 m über NN) im Gebiet der Stadt Mühlheim am Main östlich des Stadtteiles Lämmerspiel und südöstlich des Stadtteiles Dietesheim. Es ist ein ca. 1,5 km² großes Gebiet, das größtenteils mit Obstbäumen – in erster Linie Apfelbäumen – bewachsen ist. In geringem Umfang wird auch noch Ackerbau betrieben. Seit einigen Jahren betreibt dort eine Interessengemeinschaft einen Weinberg mit 99 Weinstöcken der Rebsorte „Weißer Burgunder“.
Geschichte
Erdgeschichtlich ist der Gailenberg „durch das Emporquellen glutiger Basaltmassen“ aus dem Erdinneren vor ca. 15 Millionen Jahren entstanden. Andere sagen auch, der dort vorherrschende Basalt stamme von den Lavaströmen des explodierten Vogelsberg-Vulkans aus derselben Zeitepoche (15-17 Mio. Jahre). Geologisch besteht der Gailenberg im Untergrund aus einer teilweise bis zu 18 m dicken Basaltschicht. Darüber lagern Sandschichten (Flugsanddünen), die aus heftigen Stürmen aus westlichen Richtungen vor ca. 20.000 Jahren stammen. Darüber befindet sich nur eine dünne Humusschicht, die nur einen mageren bzw. Trockenheit liebenden Bewuchs zulässt. Erste menschliche Spuren finden sich hier vor etwa 40.000 Jahren, was altsteinzeitliche Funde (Abschläge aus Chalzedon) beweisen.
Nutzung
Wer um den vulkanischen Ursprung des aus Basalt bestehenden Untergrundes des Gailenbergs weiß, wundert sich über diese Bezeichnung keineswegs, da sich hier ein günstiges, im Sommer fast mediterranes Klima entwickelt hat. Einer der Gründe, warum sich im Spätmittelalter und bis zum Dreißigjährigen Krieg hier Weinberge der Bauern aus Dietesheim und Lämmerspiel befanden.
Erst durch die massiven Zerstörungen der Weinberge während des Dreißigjährigen Krieges sowie der nachfolgenden kalten Sommerjahre wurde die Apfelweinbereitung in größerem Maße notwendig. Nachdem öfters hintereinander die Trauben erfroren waren, mussten sich die Bauern, auf Anweisung, auf den Anbau von Äpfeln umstellen, was bis zum heutigen Tag so auch noch praktiziert wird. Ansonsten gehört der Gailenberg heute zu den geschützten Streuobstwiesen, die auch mit Hilfe finanzieller Mittel des Landes Hessen und der Stadt Mühlheim gepflegt werden – zum Beispiel durch ständiges Entfernen der Verbuschung und das Anpflanzen von hochstämmigen alten Obstbaumsorten in einer jährlichen Pflanzaktion.
Im Mai 2015 stellte der Obst- und Gartenbauverein Lämmerspiel sein „neues Projekt“ der Öffentlichkeit vor. Die kleine Streuobsterlebniswiese am Ortsrand von Lämmerspiel soll eine Ruheoase, aber auch ein informativer Erlebnisrundgang durch die Natur für Jung und Alt sein.
Nach kurzen Verhandlungen mit der Stadt Mühlheim pachtete man kostenlos Ende 2012 ein ca. 1000 Quadratmeter großes Wiesengrundstück.
Dieses wurde in vielen Arbeitsstunden durch die Mitglieder entbuscht, begradigt und gemulcht. Im Spätherbst 2013 konnten man mit Spendengeldern der Stadt Mühlheim und des Kreises Offenbach acht Apfelbäume pflanzen. Neben den neuen Bäumen wurde ein kleines Wiesenbiotop mit seltenen Gräsern, einen alten Baum mit Stammhöhle und einen Birnbaum, sowie eine Brombeerhecke belassen.
Im ersten Schritt wurden die Apfelbäume mit Schildertafeln versehen, die die Sorten und ihre Verwendung beschreiben. Im Eingangsbereich wurde eine große Hinweistafel errichtet. Die Rückseite gibt Erklärungen zur Tier- und Pflanzenwelt einer naturbelassenen Streuobstwiese. Ein gemähter Rundweg führt Besucher über die Wiese.
Als Mitglied der Regionalschleife Mühlheim der Apfelwein- und Obstwiesenroute des Kreises Offenbach ist die Streuobsterlebniswiese jetzt auch als Ausflugsziel in den Übersichtskarten eingetragen.
In Zusammenarbeit mit der örtlichen Grundschule und mit Baumpaten wurden weitere Bäume gepflanzt, ein Basaltsteinhaufen als Brut- und Sonnenplatz für Eidechsen geschaffen, sowie ein aus stehend aneinander gereihten Baumstämmen bestehendes Insektenhotel gebaut.
2016 hat der Obst- und Gartenbauverein Lämmerspiel für sein Engagement um den Naturschutz und den Erhalt der Streuobstwiesen den grünen Umweltpreis des Kreises Offenbach erhalten.
Zwei Ruhebänke laden zum Verweilen und Beobachten der schönen Natur am Ortsrand von Lämmerspiel ein.
Obst- und Gartenbauverein Lämmerspiel e.V.
Hierfür fühlt sich der Vogelzucht- und Schutzverein Lämmerspiel e.V. (VZSV) verantwortlich. Neben der Vogelzucht ist auch der Schutz der einheimischen Singvögel ein großes Anliegen des Vereins.
Für die höhlenbrütenden Vögel, z. B. verschiedene Meisenarten, Kleiber, Trauerschnäpper und viele andere, wurden Nistkästen aufgehängt, die von den Mitgliedern jährlich gereinigt und defekte Teile ersetzt werden. Sogenannte Höhlenbrüter bauen ihre Nester in natürlichen Baumnischen von alten Bäumen oder in verlassenen Spechthöhlen. Wenn diese nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, nehmen sie gerne die dargebotenen Nisthilfen an.
Bei der jährlichen Reinigung findet man in den verschiedenen Nisthöhlen Nester von Meisen, Kleiber, Baumläufer, Trauerschnäpper usw. Auch wurden in großen Eulennistkästen schon Federn des seltenen Wiedehopfs gefunden. Fast alle Nistkästen sind aus Holzbeton, da diese robust und sehr witterungsbeständig sind. Wenn der Bestand der Nisthilfen durch Windbruch und Zerstörung abnimmt, werden diese vom Verein ersetzt. Das Geld hierfür wurde bei der jährlich im November stattfindenden Vogelausstellung erwirtschaftet. Beim Reinigen der Nistkästen wird jedes Jahr eine über 80-prozentige Belegung der Nisthilfen durch Vögel, manchmal aber auch von der Haselmaus festgestellt. Dies bestätigt die Arbeit und Investitionen für den Vogelschutz.
Des Weiteren werden in schnee- oder frostreichen Wintern regelmäßig die gefiederten Freunde gefüttert. Dafür hat man eigens ein großes Futtersilo im Wald aufgehängt.
Diese wurde mit Basaltsteinen (Andesit) aus dem angrenzenden ehemaligen Steinbruch (die „Steinkaute“ – lämmerspielerisch „Staakaut“ genannt) erbaut und dürfte etwa im 18. Jahrhundert errichtet worden sein.
Man kann davon ausgehen, dass der Weg, der über die Brücke am alten Steinbruch vorbeiführt – auch Wingertsweg genannt –, schon viel älteren Datums ist und zu einem System von alten Handelswegen gehörte. Wahrscheinlich aus dem Spessart kommend, zog er sich durch den Wald von Steinheim oder Hausen nach Lämmerspiel und weiter über den Gailenberg nach Dietesheim und dann am Main entlang nach Frankfurt und Mainz.
Es steht fest, dass der Weg über die Brücke bis Mitte des 20. Jahrhunderts – bevor der asphaltierte Ernteweg gebaut wurde – von Lämmerspieler Seite her der Hauptzugang zum Gailenberg („Kallebeersch“) war. Dieses landwirtschaftliche Areal wurde schon früh von Lämmerspieler Bauern bewirtschaftet. Es ist auch niedergeschrieben, dass um das Jahr 1560 ein Pfarrer Otto Scharpfenstein auf dem Gailenberg einen Weingarten von 3 Morgen betrieb, den er für 20 Gulden erworben hatte. Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg verfügte die Obrigkeit hauptsächlich den Anbau von Obst, wie Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Pflaumen, Nüssen und Kirschen.
Ab wann in der „Steinkaute“ Steine gebrochen wurden, ist nicht genau bekannt. Aber die alte Kirche St. Lucia – erbaut von 1844 bis 1847 – hat man damals mit Lämmerspieler Basalt (Andesit) errichtet; also muss der Steinbruch schon viele Jahre vorher in Betrieb gewesen sein. Das letzte Gebäude, welches man mit Basalt aus der „Steinkaute“ erbaut hat – bevor der Abbau ca. 1875 eingestellt wurde –, ist das ehemalige Haus des Schuhladens von Peter Neff in der Bischof-Ketteler-Straße 46.
Der einstige Steinbruch war nach seiner Stilllegung für die Lämmerspieler schon immer ein beliebtes Ausflugsziel und ab 1952 ein willkommener Platz für Waldfeste. Die „Steilhänge“ des Geländes nutzte die Jugend als Übungsstrecke für Geländefahrten mit den damaligen Fahrrädern und schon Jahre vorher im Winter zum Rodeln. Auch war für viele Jugendgruppen, besonders die Pfadfinder, die „Staakaut“ wegen des Geländes und der Quelle, an Wochenenden, der ideale Ort für Zeltlager und Geländespiele. Das Wasser der Quelle, das bis ca. 1970 oberhalb der Brücke sichtbar aus der Erde sprudelte und einen kleinen Tümpel bildete, wurde in früheren Zeiten als Kaffee- und Kochwasser mit nach Hause genommen. Heute ist leider nur noch ein kleines Rinnsal unterhalb der Brücke erkennbar.
Die Natur hat sich das Steinkautengelände seit Ende des Basaltabbaus zurückerobert und das ganze Areal ist heute mit Büschen und Bäumen bewachsen.
Geschichtsgruppe d. Lämmerspieler Ortsvereine e.V.
Streuobstwiesen sind alte Kulturlandschaften, die im 18. und 19. Jahrhundert vor allem auf mageren Böden entstanden sind, die für landwirtschaftliche Nutzung nicht genügend Ertrag erwarten ließen. Kennzeichen der Streuobstwiesen waren die „verstreut“ stehenden hochstämmigen Obstbäume verschiedener Arten und Sorten, sowie die extensive landwirtschaftliche Nutzung überwiegend als Weidefläche oder zur Heugewinnung bei zweimaliger Mahd.
Bereits in den zwanziger Jahren begann in Mitteleuropa die Wende hin zur Obstplantage. Nach dem Zweiten Weltkrieg gewann die quasi „industrielle“ Obsterzeugung in Obstbaumplantagen immer mehr an Bedeutung. Durch den Emser Beschluss des Bundesernährungsministeriums von 1953, – „für Hoch- und Halbstämme (wird) kein Platz mehr sein. Streuanbau, Straßenanbau und Mischkultur sind zu verwerfen“ –, wurde diese Entwicklung quasi zur offiziellen Doktrin erklärt. Damit war das Schicksal der Streuobstwiese besiegelt. Die klassische Streuobstwiese wurde immer mehr vernachlässigt, da die Arten- und Sortenvielfalt durch unterschiedliche Reifezeiten die Ernte zu aufwändig für eine rentable Bewirtschaftung machten.
Wie viele Streuobstwiesen erlitt auch das Gebiet am Gailenberg dieses Schicksal, zu Beginn der 70er Jahre hatten die Traubenkirsche, der Ginster und auch die Birke die Fläche von etwa 40 Hektar zu 80 % überwuchert.
In den siebziger Jahren kam es dann zum allgemeinen Umdenken, neben dem ökonomischen Nutzen trat jetzt auch der ökologische Nutzen in den Vordergrund. Im Fall des Gailenbergs in Mühlheim war es die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald unter der Führung von Robert Bohr und Heinz Bruch, von der die Initiative ergriffen wurde. Gemeinsam mit der Stadt Mühlheim und der Unteren Naturschutzbehörde des Kreis Offenbach wurde bei den Grundstückseigentümern viel Überzeugungsarbeit geleistet, dank finanzieller Förderung des Kreises wurde das Gelände entbuscht und die Baumpflanzaktion der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald ins Leben gerufen.
Seit 1977 werden dabei, finanziert vom Kreis Offenbach, jährlich im Schnitt etwa 100 Obstbäume unterschiedlicher Arten und Sorten an die Grundstückseigentümer abgegeben. So ist im Laufe der Jahre ein Gebiet von Streuobstwiesen der besonderen Art entstanden. Viele Apfel-, Birnen-, Zwetschen-, Kirsch-, Mirabellen-, Pfirsich-, Maronen- und Walnussbäume sowie der Speierling sind vertreten, einige Eichen und Kiefern verschönern das Bild, auch der Magerrasen und die Sandblumen ziehen viele Fotografen und Naturliebhaber an.
Dank der extensiven Nutzung der Flächen ist nicht nur die Artenvielfalt der Obstbäume eine ökologische Bereicherung, auch die Wiesen stellen durch die Vielfalt der Blumen und Kräuter ein wertvolles Biotop und ein Dorado für viele Tierarten, wie z. B. Insekten, Amphibien, Reptilien und auch Vögel, dar.
Auch als Naherholungsgebiet haben die Streuobstwiesen am Gailenberg insbesondere während der Zeit der Baumblüte einen ganz speziellen Reiz.
Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Mühlheim
An den „Weingarten uff dem Gailenbergke“ im 16. Jahrhundert soll diese Anlage erinnern. Das Projekt ist mit 99 Rebstöcken auf rund 200 Quadratmetern Fläche ein kleines Kulturdenkmal und eine Art erlebbare geschichtliche Heimatkunde. 1992 gründete sich die „Interessengemeinschaft Lämmerspieler Weinbauern“, die umfangreiche Bodenanalysen unternahm – zumal in einem Meter Tiefe Basalt vorkommt – und holte sich weiteren Rat bei der Forschungsanstalt Weinbau in Geisenheim. Das Ergebnis: Man entschied sich für den Weißburgunder, eine reife, feinfruchtige Traubensorte, die 1995 angepflanzt wurde und nach drei Jahren die erste richtige Erntemenge erbrachte. Es gab auch Rückschläge – so die befürchteten Spätfröste im Frühling, also Eisheilige und kalte Sophie. Sie ließen das schon ausgetriebene Laub erfrieren und vernichteten die gesamte Ernte.
Alles in allem kann nach der Geburtsidee, während der Lämmerspieler Kerb 1992, die Feststellung getroffen werden, dass das Gailenberg-Areal wie vor 400 Jahren auch heute noch für den Weinanbau geeignet ist, wenn Petrus den fast 20 Akteuren, die bei der Interessengemeinschaft mitarbeiten, seine Gunst schenkt und den jeweils neuen Jahrgang „Bester Stier vom Gailenberg“ in Flaschen füllen lässt. Aber daran haben sich die „Lämmerspieler Weinbauern“ längst gewöhnt. Trotzdem wird der Tropfen nach wie vor etwas Einmaliges und Besonderes sein und bleiben.
IG Weinbau, Lämmerspiel
Streuobstwiesen sind traditionelle Kulturbiotope, die früher einer Doppelnutzung der landwirtschaftlichen Fläche dienten: Der Anbau hochstämmiger Obstbäume, meist alte Lokalsorten, erlaubte zusätzlich zur Obstgewinnung eine Grünland-Nutzung als Mähwiese oder Weide.
Auf dem Gailenberg mit seinem fast mediterranen Kleinklima wurde seit dem Spätmittelalter Wein angebaut. Nach dem 30-jährigen Krieg löste der Obstbaum-Anbau (Apfelwein!) diese Kultur ab. Viele verschiedene alte Apfelsorten sind hier zu finden, am häufigsten Rheinischer Bohnapfel und Goldparmäne, aber auch Raritäten wie der Gestreifte Matapfel.
Die aufgrund jahrhundertelanger Realteilung sehr unterschiedlichen Nutzungsintensitäten vom Acker bis zur Brachfläche, die eingestreuten Gebüsche und Feldholzinseln, die vielen morschen Apfelbäume mit ihren Baumhöhlen und der ringsum das ganze Gebiet umschließende Wald führen zu vielfältigen Biotopstrukturen und einem sehr abwechslungsreichen Landschaftsbild.
Streuobstwiesen beherbergen bis zu 5.000 Tier- und Pflanzenarten, von denen etliche sehr selten und streng geschützt sind, wie z. B. der Steinkauz. Sie gehören damit zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Zugleich gehören sie auch zu den am stärksten bedrohten, da sie durch Bautätigkeit und Intensivierung der Landwirtschaft immer weiter reduziert wurden oder wegen zu geringer Wirtschaftlichkeit brach fielen.
Das Streuobstgebiet Gailenberg scheint vorerst gesichert zu sein: Die Streuobstwiesen und die Magerrasen stehen unter gesetzlichem Biotopschutz. Seit rund 40 Jahren werden regelmäßig Jungbäume nachgepflanzt. Eine Schafbeweidung sorgt seit 2009 wieder für die Pflege des Unterwuchses. Kontinuierliche private, ehrenamtliche und behördliche Naturschutzaktivitäten sorgen für die Baumpflege, Entbuschung und extensive Nutzung.
Die Untere Naturschutzbehörde (UNB) des Kreises Offenbach fördert die Instandhaltung und Pflege der Obstwiesen einschließlich Entbuschung, Schafbeweidung, Baumpflanzungen und Baumschnitt und unterstützt die privaten und ehrenamtlichen Naturschutzaktivitäten auf dem Gailenberg.
Früher, als fast alle Lämmerspieler noch selbst Schafe, Ziegen, Schweine und Kühe hatten, war der Gailenberg vor allem eine Kleinerzeugerfläche. Im Lauf der Jahrzehnte wurde die Landwirtschaft weniger und nur noch einzelne Eigentümer bewirtschafteten ihre Grundstücke.
Heute bauen wir auf unseren Äckern Roggen, Hafer, Triticale, Gerste und Kartoffeln an. Der Gailenberg ist auch ein Lernort für die Kindergärten und Schulen aus der Umgebung – denn, wo können Kinder noch erleben, wie Kartoffeln geerntet werden?
Die Flächen werden fachlich ausgereift bewirtschaftet. Um die vielfältige Bodenstruktur zu erhalten, werden auch Zwischenfrüchte angebaut. Spitzenerträge erwirtschaftet man hier nicht, aber dennoch kann man mit dem alljährlichen Ertrag zufrieden sein. Eine besondere Herausforderung ist der Sandboden, dieser hält das Regenwasser nicht besonders gut.
In Zusammenarbeit mit der unteren Naturschutzbehörde (UNB) werden Pflegearbeiten durchgeführt.
Der Gailenberg behält seinen Charakter auch durch den Einsatz von Schafen in der Zeit von März bis November und Mulcharbeiten ab November bis Februar.
Mit dieser schonenden Landwirtschaft und den abwechselnden Strukturen wird gewährleistet, dass dieses wertvolle Gebiet erhalten werden kann.
Walter Beez, Landwirt
Die sandige Kuppe des Gailenberges ist von einem besonderen Landschaftsbild aus alten Kiefern geprägt, die über auffällig kargem Grasland aufragen.
Im geologischen Untergrund befindet sich 13,5 Mio. Jahre alter Basalt aus dem Vogelsberg-Vulkanismus. Darüber liegen bis zu 2,5 m dicke Sandschichten, die vor rund 10.000 Jahren aus den Mainterrassen ausgeblasen wurden (Flugsande).
Darauf entwickelte sich seither eine nur 0,5 m mächtige Bodenschicht (Braunerde), die sehr nährstoffarm ist. Stellenweise, wie hier auf dem höchsten Punkt des Gailenberges, tritt der Flugsand offen zutage.
Der Gailenberg gehört zu den wärmsten und trockensten Gebieten Hessens (durchschnittlich Jahrestemperatur 9°C, 550 mm Niederschlag/Jahr).
Der sandig-trockene Boden und das milde Klima begünstigten die Entwicklung einer ganz besonderen Pflanzengesellschaft, nämlich der seltenen und geschützten Silbergrasflur. Sie stellt einen europäisch geschützten Lebensraumtyp dar. Viele weitere seltene Arten wie die Sandstrohblume, die Sandgrasnelke und das Bergsandglöckchen fühlen sich hier ebenfalls wohl.
Zur Erhaltung und Pflege dieses Biotops genügt eine extensive Hütebeweidung mit Schafen und das Unterlassen jeglicher Düngung
Veranlassung für den Aufbau von Nisthilfen („Insektenhotel“) für insbesondere Solitärbienen und das Anlegen von Wildblütenwiesen waren umfangreiche Studien, die nicht nur einen starken Rückgang der Artenvielfalt belegen, sondern auch, dass wildlebende Insekten in allen Anbausystemen einen positiven Effekt auf den Fruchtansatz haben.
Solitärbienen und Hummeln erreichen mit der gleichen Zahl von Blütenbesuchen einen doppelt so hohen Fruchtansatz wie Honigbienen. Die höhere Effizienz der wildlebenden Insekten wird mit größerer Menge und besserer Qualität der transportierten Pollen vermutet. Allerdings brauchen wildlebende Insekten natürliche Ressourcen wie Nahrung (Pollen) und Nistplätze. Um eine hohe Reproduktionsrate zu ermöglichen, sollten die Nahrungsquellen über den jährlichen Lebenszyklus und in einer Entfernung eher unter 300 Meter zu den Nistmöglichkeiten verfügbar sein. Entsprechend dieser Erkenntnisse wurden, neben zwei beispielhaften „Insektenhotels“, mehrere Wildblütenwiesen, verteilt über das Streuobstgelände Gailenberg, angelegt. Bei beiden Wildbienen-Nisthilfestationen sind verschiedene Schautafeln angebracht, auf denen anschaulich über die Artenvielfalt der bei uns vorkommenden Wildbienen (Solitärbienen) und Hummeln und jeweilige beachtenswerte Besonderheiten informiert wird.
Das Insektenhotel im Südwesten des Streuobstgebietes nahe dem Naturdenkmal „Sieben Eichen“ ist besonders interessant und wichtig. Zum Einen ist das umgebende Gelände ein besonders sandiger Grund. Die sich hier natürlich entwickelnden oder unterstützten Wildbienenweiden werden aus gebietsheimischen standortgemäßen Wildkräutern und einzelnen Kulturpflanzen sein. Damit werden in direkter Nachbarschaft zu Nistgelegenheiten, insbesondere für im Boden brütende Wildbienen-Generalisten, ideale Lebensbedingungen geschaffen. Wichtig und erwähnenswert ist aber auch, dass in diesem Abschnitt die Insellage des Streuobstgebietes Gailenberg geöffnet wird, so dass ein genetischer Austausch zwischen verschiedenen lokalen Populationen erleichtert wird.
Der Gailenberg ist mit seinem trocken-warmen Kleinklima, der halboffenen Landschaft und dem sandigen Untergrund ein bevorzugter Lebensraum für die wärmeliebende Zauneidechse. Hier findet das wechselwarme Tier Sonnenplätze, um ihren Körper auf „Betriebstemperatur“ zu bringen. Zauneidechsen können sogar gelegentlich beim Sonnenbad auf dem Rücken weidender Schafe beobachtet werden! Die Wiesen bieten ein reichhaltiges Nahrungsangebot an Insekten, Spinnen und Regenwürmern. Steinhaufen, Totholz und Gebüschränder dienen als Versteckplätze. Die Eier werden in dem trockenen und lockeren Sandboden vergraben, wo sie sich mithilfe der Sonnenwärme entwickeln können.
Die Zauneidechse ist hessen- und deutschlandweit stark gefährdet und gehört zu den streng geschützten Tierarten. In der Untermainebene und insbesondere im Kreis Offenbach besitzt sie aufgrund der hier vorherrschenden sandig-warmen Böden einen Verbreitungsschwerpunkt, sodass hier eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieser Art besteht. Durch die extensive Pflege des Streuobstgebietes Gailenberg wird auch ein Beitrag zum Erhalt dieser interessanten und sympathischen Tierart geleistet.
In dem Eppsteinschen Amt Steinheim gab es zwei Zentgerichtsbezirke: die Zent Steinheim und die Zent Niederroden. Beide sind im 14. Jahrhundert ausgebildet. Zum Zentgerichtsbezirk Steinheim gehörte neben Niedersteinheim, Dietesheim, Mühlheim, Bieber, Heusenstamm, Hausen, Obertshausen, Rembrücken, Weiskirchen, Klein-Auheim und Hainstadt auch das Dorf Lämmerspiel. An der Spitze des Zentgerichtes stand der Zentgraf, der seit der Zeit der Karolinger als Unterbeamter des Gaugrafen mit richterlichen Befugnissen ausgestattet war.
Das Steinheimer Gericht befand sich in den Händen der Herren von Eppstein. Dies geht aus einer Urkunde vom 3. März 1339 hervor. Der Tagungsort des Zentgerichtes war nicht durchgängig die Burg. Das Gericht fand auch unter der alten Zentlinde vor dem Steinheimer Maintor und in späterer Zeit im Rathaus statt.
Die Schöffen des Gerichtes wurden von den Zentorten gestellt. Die Anzahl war genau festgelegt. Die Stadt Steinheim stellte drei Schöffen. Je zwei Schöffen kamen aus Mühlheim und Weiskirchen, je ein Schöffe aus Nieder-Steinheim, Dietesheim, Bieber, Obertshausen, Klein-Auheim, Hainstadt und Lämmerspiel. Der Lämmerspieler Schöffe um das Jahr 1370 war ein gewisser Clawes.
Das Zentgericht war für Zivilangelegenheiten sowie für Kriminaldelikte leichterer und schwerer Art zuständig. Hierher gehörten: Körperverletzungen, Erbschaftsauseinandersetzungen, Ertappen eines Verbrechers auf frischer Tat, Diebstahl, Verbrechen, bei denen es um Hals und Kragen ging.
Die ordentlichen Gerichtsverhandlungen fanden dreimal im Jahr an allen Bürgern bekannten Terminen statt. Daneben gab es eine außerordentliche Gerichtsverhandlung, die nur bei ungewöhnlichen Anlässen wie Totschlag und Mord angesetzt wurde. Bei leichteren Vergehen konnte das Steinheimer Gericht Geldstrafen verhängen. Schwerere Verbrechen wurden durch Köpfen, Ertränken oder Aufhängen an dem Galgen geahndet.
Die letzte Hinrichtung am Steinheimer Galgen fand im Jahre 1734 statt. Zu den zwölf Schöffen, die damals den Richterspruch fällten, gehörte ein Andres Roth aus Lämmerspiel.
Das Steinheimer Gericht wurde erst 1834 aufgehoben. Noch heute erinnern daran zwei etwa 5 m hohe, runde Basaltsäulen auf der höchsten Erhebung im Steinheimer Wald.
Am südöstlichen Rand des Gailenbergs steht eine der spektakulärsten Eichen auf Hanauer Gemarkung. In der Nähe von zwei großen Strommasten und neben einer Schutzhütte wächst eine 7-stämmige Eiche, die 7-Geschwister-Eiche. Sie ist vermutlich durch Abschneiden der jungen Eiche entstanden, eventuell zur Laubgewinnung.
Die Eiche ist etwa 200 Jahre alt und hat einen Gesamtumfang von fast 8 m. Die Eiche wurde aufgrund ihrer seltenen Wuchsform bereits in den 1950er Jahren von der Stadt Hanau als Naturdenkmal ausgewiesen. Vor einigen Jahren ist einer der 7 Stämmlinge abgestorben. Er wurde eingekürzt, damit er als Totholz noch den Baumhabitus erhält.
Ein weiteres, sehr beeindruckendes Naturdenkmal findet sich auf der anderen Seite des Waldrandes, am Sportplatz Rabenstein in Steinheim. Die Eiche gehört mit einem Umfang von ca. 6 m und einem Alter von mehr als 300 Jahren zu den schönsten Bäumen in Hanau. Sie beeindruckt vor allem durch weit ausladende Äste und einen ausgeprägten Drehwuchs im mächtigen Stamm.
Zuständig für die Kontrolle und Pflege der Naturdenkmale ist die Untere Naturschutzbehörde der Stadt Hanau.
Bildergalerie von der Eröffnung des Lämmerspieler Rundweges: