Pressemitteilung des Freundeskreis der Mühlheimer Flüchtlinge e.V. - Menschen nicht alleine lassen - Begegnung mit Geflüchteten, den Abschiebung droht
Der Freundeskreis der Mühlheimer Flüchtlinge e.V. lud Landes- und Kommunalpolitiker in die Gemeinschaftsunterkunft in der Borsigstraße ein. Landtagsabgeordnete Ulrike Alex, Björn Simon, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Peter Wichtel sowie Bürgermeister Daniel Tybussek und Erste Stadträtin Gudrun Monat besuchten in dieser Woche die Gemeinschaftsunterkunft. Anlass war die Ablehnung im Asylverfahren, die fast 50 Flüchtlinge vornehmlich aus Afghanistan, die in verschiedenen Unterkünften bei uns leben, erhalten haben, darunter 13 Kinder und Jugendliche. Bei den Ablehnungen spielen offensichtlich menschliche Beweggründe und Schicksale keine Rolle, die Abschiebung für größere Gruppen ist angekündigt.
Für den Freundeskreis der Mühlheimer Flüchtlinge ist die mögliche Abschiebung inakzeptabel. „Kein Mensch darf in eine Region zurückgeschickt werden, in der sein Leben durch Krieg und Gewalt bedroht ist“, machte Bernd Klotz vom Freundeskreis bei der Begrüßung der Gäste deutlich. Die Sicherheit der Menschen müsse stets Vorrang haben gegenüber migrationspolitischen Erwägungen haben. Da auch in anderen Kommunen aktuell Asylanträge bei großen Gruppen abgewiesen werden, seien die verfügbaren Rechtsbeistände überfordert. Zudem würden vielerorts Anwaltskosten (Honorarvereinbarungen) aufgerufen, die die Geflüchteten überfordern würden. Zudem seien die Freiwilligen, die den Flüchtlingen zur Seite stehen, in vielen Fällen überfordert, auch mit der lähmenden Angst der Flüchtlinge, die von Abschiebung bedroht seien.
Im Mittelpunkt stünden Menschen, so Klotz, Frauen, Männer, Kinder und nicht abstrakte Rechtsfälle. Der Wunsch, die Flüchtlinge weder menschlich noch rechtlich allein zu lassen und für alle einen fairen und dem Rechtsstaat angemessenen Behandlung ihrer Causa zu ermöglichen, sei das Ziel des Freundeskreises.
Mehrere Geflüchtete berichteten den Politikern von ihrem Schicksal, von den Gründen ihrer Flucht und ihren Bemühungen, einen sicheren Platz für sich und ihre Familien zu finden. Ein Familienvater aus Afghanistan berichtete, dass er aus dem Krisengebiet geflohen sei. Er habe an einer Universität in seinem Heimatland mit Diplom sein Studium abgeschlossen, würde aber jeden Job hier in Deutschland annehmen, sofern es ihm gestattet würde, um für seine Kinder (9, 7 und 2,5 Jahre alt) zu sorgen. Die Älteste gehe hier bereits zur Grundschule.
Ein Kameramann, der in seiner Heimat politisch verfolgt war, berichtete von den entscheidenden Interviews, bei denen die Asylbewerber befragt werden. Die Übersetzer würden teilweise nicht die Sprache, die der Flüchtling spricht, nicht sprechen, sondern oftmals nur ein sprachverwandtes Idiom, was die Chancen natürlich für die Flüchtlinge verschlechtern würde. Zudem entscheide das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach Aktenlage, bei der die Interviews in der notwendigen Verkürzung wiedergegeben werden würden. Der Kameramann und Familienvater, der einen Job gefunden hat und sich vorbildlich für andere Geflüchtete in Mühlheim einsetzt, hofft auf eine zweite Chance, seine Beweggründe richtig wiedergeben zu können.
Ein weiterer Bericht kam von einem jungen Mann, der laut Pass 21 Jahre alt, tatsächlich aber erst 19 Jahre alt sei. Bei seiner Ankunft vor 2 Jahren wurde von Amtswegen ein falsches Datum eingesetzt, dies sei nicht mehr zu ändern. Ihm drohe jetzt die sofortige Abschiebung, obwohl er von den Taliban bedroht werde. Der Mann stehe mittlerweile kurz vor dem Schulabschluss und habe auch einen Ausbildungsplatz ab diesem Sommer sicher.
Im Gespräch mit den Politikerinnen und Politikern wurde die Notwendigkeit thematisiert, den Menschen im Asylverfahren eine Rechtsberatung zu ermöglichen. Auch wenn die Bleibeperspektive gering sei, wäre eine entsprechende Information über die eigene Lage besser, als die quälende Unsicherheit über den eigenen Status.
Für Bürgermeister Tybussek sei das Verfahren grundsätzlich zu hinterfragen: „Die momentanen Abläufe, die, wie von den Betroffenen geschildert, zu einer Ausweisung führen, können unmöglich im Interesse eines demokratischen Rechtsstaates wie der Bundesrepublik sein. Aus der Art, wie die Verfahren aktuell geführt werden, wird schnell ersichtlich, dass dies eine große Zahl an Prozessen nach sich ziehen wird.“ In der aktuellen Situation mit bereits überlasteten Gerichten befürchtet Daniel Tybussek, dass sich diese Situation nur noch weiter verschärft.
Als sehr besorgniserregend empfindet der Bürgermeister, dass der Blick auf den einzelnen Menschen vollkommen verloren geht. Der mit einem Ablehnungsbescheid verbundene erneute massive psychische Druck, der auf den teilweise unter sehr dramatischen Umständen geflüchteten Menschen lastet, die hier angekommen sind, sei nicht zumutbar. Alle Flüchtlinge haben vorrangig nach Ruhe, Sicherheit und einem angstbefreiten Leben gesucht und aus diesem Grund überhaupt erst die Strapazen der Flucht und die heimatliche Entwurzelung auf sich genommen, nur um nun erneut mit weiteren Unsicherheiten und Ängsten konfrontiert zu werden.