Stadtverordnetenversammlung entscheidet über Aufstellungsbeschluss Bebauungsplan „Hochschulcampus und Bereitschaftspolizei“, der Alternativen zum PPP-Projekt des Landes Hessen aufzeigt
Am 24.10.2019 wird sich die Mühlheimer Stadtverordnetenversammlung mit der Entscheidung über die Aufstellung eines Bebauungsplanes für ein Areal befassen, das vor allem die hessische Bereitschaftspolizei und die Hochschule für Polizei und Verwaltung umfasst.
Ziel ist es, das Flächenpotential für die vielfältigen Nutzungsansprüche dieser Einrichtungen des Landes Hessen mit einer ergänzenden Wohnnutzung unter Erhalt der zukunftsfähigen gewerblichen Strukturen im Sinne einer urbanen nutzungsgemischten Stadt zu entwickeln und den städtebaulichen Anforderungen an die Erschließung sowie der Nähe zum Allgemeinen Wohngebiet gerecht zu werden.
Anlass für den Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans ist zum einen das kurz vor dem Abschluss stehende, politisch umstrittene PPP-Projekt für die Liegenschaft der III. Bereitschaftspolizeiabteilung am Standort Mühlheim mit dem Ziel der energetischen Sanierung des Gebäudebestandes, der Veräußerung des Grundstücks und Anmietung für 30 Jahre (Sale and Lease Back-Prinzip) und zum anderen die Veröffentlichung des Regionalen Entwicklungskonzepts Südhessen (REK Südhessen) durch das Regierungspräsidium Darmstadt mit der Darstellung potenzieller Wohnbauflächen in der Stadt Mühlheim.
Die Stadtverordnetenversammlung hatte bereits am 29.06.2017 die Aufstellung eines Bebauungsplans für eine Teilfläche des jetzigen Geltungsbereiches beschlossen, die lediglich die Landesliegenschaft der Bereitschaftspolizei umfasste. In gleicher Sitzung erfolge die Beschlussfassung über die Satzung zur Veränderungssperre Nr. 8 für den damaligen Geltungsbereich.
Bürgermeister Daniel Tybussek sieht in der Beschlussvorlage eine Stärkung der beiden Einrichtungen des Landes Hessen und sieht dabei eine klare Alternative zum derzeitigen PPP-Ansatz. So fordert er das Land Hessen auf, die vielversprechenden Möglichkeiten des Areals einer umgehenden und umfassenden Prüfung zu unterziehen und diese Entwicklungsperspektiven aus dem regionalen Entwicklungskonzept nicht einem privaten Dritten zu überlassen.
Folgende Gründe sprechen aus Sicht der Stadt Mühlheim für den Aufstellungsbeschluss:
- Über die Dauer des Vergabeverfahrens für das PPP-Projekt des Landes ist die Zahl der Bediensteten der Bereitschaftspolizei am Standort Mühlheim von zuvor 340 (2015) auf heute 800 Bedienstete angestiegen. Dies hatte, aufgrund des kurzfristigen Bedarfs an zusätzlichen Nutz- und Stellplatzflächen, die Anmietung angrenzender Gewerbeflächen zur Folge. Ermöglicht wurde dies durch leerstehende Gewerbeimmobilien im Zuge betrieblicher Konsolidierungsprozesse der manroland sheetfed GmbH, deren Aktivitäten ganz wesentlich am Standort Offenbach gebündelt werden sollen.
- Eine vergleichbare Entwicklung wie die der Bereitschaftspolizei ist für die Hochschule für Polizei und Verwaltung zu verzeichnen. Derzeit sind 840 Studierende sowie 350 Lehrende und Verwaltungsangestellte am Standort Mühlheim untergebracht, gegenüber gesamt rund 625 im Jahr 2015. Auch hier wurden zur Deckung des gestiegenen Raumbedarfs für Lehrsäle, Übungs- und Büroräume Flächen in leerstehende Gewerbeimmobilien angemietet, die auf dem Firmengelände von manroland sheetfed GmbH zur Verfügung stehen.
- Im August 2019 wurde durch das Regierungspräsidium Darmstadt das Regionale Entwicklungskonzept Südhessen (REK Südhessen) der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Untersuchungen und Erhebungen im Zusammenhang mit der Erstellung des Konzepts durch das Büro Albert Speer + Partner GmbH zeigen sehr eindrücklich die Entwicklungspotenziale im Mühlheimer Westen, die für mehrere Akteure positive Aspekte aufweisen. Im REK Südhessen wird eine Teilfläche der Landesliegenschaft als Prioritäre Fläche für die Entwicklung von Wohnbauflächen dargestellt. Eine entsprechende Änderung des Regionalen Flächennutzungsplanes ist demnach zu beantragen.
Ziele des Bebauungsplans
Im Hinblick auf die dynamischen Prozesse im Westen der Stadt, den zahlreichen Impulsen aus den Landeseinrichtungen, der Notwendigkeit unter anderem zur Bereitstellung von Wohnraum für Landesbedienstete, dem zur Entscheidung anstehenden PPP-Projekt und den Ergebnissen des REK Südhessen wurde die Erstellung eines Strukturkonzepts an das Büro Albert Speer + Partner GmbH in Vorbereitung der Fortschreibung des Regionalen Flächennutzungsplans für diesen Bereich beauftragt. Eine kürzlich durchgeführte Veranstaltung, der die Erkenntnisse des REK Südhessen zugrunde lagen, diente der Sondierung der Anforderungen an die künftige Entwicklung des Gebietes und wurde von den maßgeblichen Akteuren mit großem Interesse wahrgenommen.
Die grundsätzlichen Fragen zur Entwicklung des Immobilienbestandes des Landes Hessen, die auf Landesebene zur Klärung anstehen, führen aus Sicht der Stadt Mühlheim zu veränderten städtebaulichen Rahmenbedingungen. Handelnde sind hierbei das Land Hessen über die Liegenschaft der III. Hessischen Bereitschaftspolizeiabteilung, die Hochschule für Polizei und Verwaltung durch die Erweiterung des Angebotes an Studienplätzen und das ortsansässige Unternehmen manroland sheetfed GmbH mit der Bereitstellung bislang leerstehender Immobilien. Die Sicherung und Entwicklung der Standorte sowie eine zielführende Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Akteuren unter sich wandelnden städtebaulichen Rahmenbedingungen stellt für die Stadt Mühlheim ein hochrangiges politisches Ziel dar.
Aus der Entwicklung der Bereitschaftspolizei wie auch der Hochschule für Polizei und Verwaltung lässt sich zudem ein steigender Bedarf an Wohnraum für die dort beschäftigten Landesbediensteten und Studierenden ableiten, der sich nach den Erhebungen des REK Südhessen in Mühlheim grundsätzlich decken ließe. Die Entwicklung eines funktionalen, bedarfsorientierten und durch den ÖPNV gut angebundenen Hochschulcampus ist, aufgrund der geplanten Zuwächse der Studierendenzahl, ein städtebauliches Ziel der Stadt.
Die gegenwärtige Dynamik in diesem Teil der Stadt, die durch die Entwicklung zweier bedeutsamer Institutionen des Landes sowie des Konsolidierungsprozesses des in diesem Bereich ansässigen Unternehmens maßgeblich vorangetrieben wird, hat nachhaltige Auswirkungen auf die Stadtentwicklung Mühlheims. Angesichts der Vielzahl der Aspekte und der Dringlichkeit vor dem Hintergrund der intensiven politischen Diskussion im Umgang mit künftigen Finanzierungsmodellen zur Umsetzung der Sanierungsziele für Bestandsimmobilien des Landes, ist es erforderlich, eine inhaltliche Abstimmung zur Entwicklung des Mühlheimer Westens im Rahmen des Planungsprozesses herbeizuführen.
Das durch die Stadt Mühlheim an das Büros Albert Speer + Partner beauftragte Strukturkonzept soll noch in diesem Jahr fertiggestellt werden, daher ist eine baldige inhaltliche Abstimmung zur Strategie des Landes im Hinblick auf die Entwicklung der Liegenschaft der Bereitschaftspolizei sehr zielführend. Sowohl von der Geschäftsleitung des Unternehmens manroland sheetfed GmbH, den Vertretern beider Einrichtungen des Landes sowie der Stadt Offenbach werden die erheblichen Potenziale dieses Bereichs für deren weitere Entwicklung positiv eingeschätzt. Alle maßgeblichen Akteure haben nach dem ersten Sondierungsgespräch ihr Interesse an weiteren Planungsgesprächen bekundet.
Die Umstrukturierung der landeseigenen sowie der westlich angrenzenden Liegenschaften, die sich im Eigentum der Stadt sowie der manroland sheetfed GmbH befinden, kann mehreren vorrangigen Zielen in hervorragender Weise gerecht werden: Über die reine energetische Sanierung des Gebäudebestandes hinaus können durch Verdichtung vorhandener Funktionen auf der Landesliegenschaft die von der Bereitschaftspolizei benötigten Frei- und Gebäudeflächen geschaffen sowie bezahlbarer Wohnraum für Landesbedienstete bereitgestellt werden, wobei hierbei ein erheblicher Planungsgewinn zugunsten des Grundstückseigentümers, derzeit noch das Land Hessen, entstehen würde.
Zur Verbesserung der Standortqualität und der Erreichbarkeit soll nach den Erhebungen des REK Südhessen die Anbindung des Gebietes an den ÖPNV durch den Bau eines S-Bahn-Haltepunkts an der Stadtgrenze zwischen Mühlheim und Offenbach vorangetrieben werden. Auch dieser Aspekt hätte einen erheblichen Einfluss auf den Wert der Liegenschaften. Lage und Erschließung des Haltepunktes sind im Rahmen der Bearbeitung des Bebauungsplans darzustellen.
Raumplanerische Ziele bei der Entwicklung von Wohnbauflächen, wie die stärkere Berücksichtigung von Standorten mit guter ÖV-Anbindung sowie eine dichtere Siedlungsentwicklung im gut angebundenen Kernraum zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme, können umgesetzt werden. Über die bereits aufgeführten Liegenschaften hinaus wird im REK Südhessen die Entwicklung weiterer Wohnbauflächen südlich der Bahn thematisiert, deren Erschließung im Zuge der Planung zu definieren ist.
Der Bebauungsplan eröffnet die Möglichkeit, eine Entwicklung des Hochschulcampus, der der geplanten Ausweitung des Studienplatzangebotes gerecht wird, auf dem Areal der Firma manroland sheetfed GmbH zu unterstützen und bauplanungsrechtlich abzusichern. Darüber hinaus wird durch das Instrument der Bauleitplanung die Möglichkeit zur Ausweisung von Wohnbauflächen auf der Liegenschaft der Bereitschaftspolizei eröffnet, was einerseits den städtebaulichen Zielsetzungen der Stadt wie auch den Vorschlägen des Regierungspräsidiums Darmstadt im Rahmen des REK Südhessen entspräche. Die Kompensation der auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei für den Wohnungsbau in Anspruch genommenen Flächen könnte auf den benachbarten städtischen und privaten, derzeit gewerblich genutzten Liegenschaften erfolgen.
Die Sicherung der beiden Standorte des Landes sowie die Bereitstellung von Wohnbauflächen nimmt in der städtebaulichen Entwicklung Mühlheims einen außerordentlich hohen Rang ein und wird durch die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Gebiet unterstrichen.
Die dargestellten Planungsziele entsprechen dem im REK Südhessen dargestellten Entwicklungspotenzial im Mühlheimer Westen und ermöglichen eine nachhaltige, zukunftsfähige Entwicklung der dortigen Liegenschaften. Insbesondere die Ausweisung der ergänzenden Wohnnutzung auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei entspricht der großen Nachfrage nach Wohnraum und wird, über das derzeitige Ziel der reinen energetischen Sanierung des Gebäudebestandes im Rahmen des PPP-Vertrages hinaus, der sozialen Verpflichtung im Umgang mit öffentlichem Eigentum gerecht.